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Was ist genau „Europa“?

Wieso geht uns Europa was an, was macht Europa für uns? Also, für uns direkt, hier in unserem kleinen Rems-Murr-Kreis?

Erschienen am 21.05.2019 in der Waiblinger Zeitung unter folgendem Link: www.zvw.de/inhalt.europawahl-am-26-mai-wie-der-rems-murr-kreis-von-der-eu-profitiert.0778cc65-3d8a-45df-9ae5-177efb5da19b.html

Europa, dieser kleine Kontinent, dieses politische Konstrukt, ist längst mehr als ein Definitionsproblem im Atlas. 47 Länder führt die Landkarte auf, wobei bei Russland schon ein Auge zugekniffen werden muss. Denn Russland ist nur zum Teil europäisch, genauso wie die Türkei. 28 Mitgliedsstaaten hat zurzeit noch die Europäische Union. Wobei auch hier fünfe grade bleiben müssen – Zypern nämlich gehört geografisch nicht zu Europa.Doch gerade dieses tolerante, großmütige Europa hat uns in Deutschland inzwischen 70 Jahre Frieden gebracht. Längst können wir grenzenlos reisen und müssen nie über Umrechnungskurse nachdenken. Und auch seine Arbeit darf ein jeder in Europa suchen, wo er will. Europa betrachten viele als ein Fass ohne Boden, doch tatsächlich bekommt jeder, der ins europäische Sparkässle einzahlt, auch einiges wieder zurück.

Europäische Partnerschaften

Lassen wir mal den Landkreis Meißen weg. Dieser, mit dem der Rems-Murr-Kreis schon seit 1990 partnerschaftlich verbandelt ist, liegt zwar freilich in Europa, aber uns einfach noch ein Stückchen näher, alldieweil das Bundesland Sachsen definitiv zu Deutschland gehört.Da gibt’s aber auch noch das Komitat Baranya in Ungarn. Diese Freundschaft ist seit 1991 offiziell. 2018 waren Kreisdelegierte das letzte Mal dort, im September dieses Jahr kommen die Ungarn uns besuchen. Baranya ist von der Einwohnerzahl her vergleichbar mit dem Rems-Murr-Kreis. Doch flächenmäßig ist er fünfmal so groß. Treffen sich die Menschen aus den beiden Partnerkreisen, wird in den letzten Jahren verstärkt politisch diskutiert. Es geht um die Grundfesten der europäischen Politik: Pressefreiheit, Meinungsfreiheit, Toleranz und gegenseitige Hilfe.Nicht anders geht es zu, wenn sich Rems-Murr-Kreisler und Menschen aus dem russischen Dmitrow treffen. Dmitrow ist gleichzeitig ein Rayon, also so was wie ein Kreis, und eine Stadt und liegt 70 Kilometer nördlich von Moskau, also im direkten Einzugsgebiet der russischen Hauptstadt und noch im europäischen Teil des Landes. Auf 2000 Quadratkilometern leben 160 000 Menschen, die schon auf eine lange Geschichte blicken. Und zwar wortwörtlich: Sieben Jahre nachdem Fürst Jurij Dolgoruki Moskau gegründet hatte, ließ er 1154 die Festung Dmitrow anlegen. Und von dieser kann noch heute der mächtige Erdwall besichtigt werden.

Azubis ins Ausland

Wer im Landratsamt eine Ausbildung macht, kann sicher sein, dass es anschließend hier auch weitergeht. Es gilt eine Übernahmegarantie. Allerdings: Noch bis Anfang des vergangenen Jahres galt diese nur für diejenigen, die direkt nach der Ausbildung auch weiterarbeiteten.Das war so schon nicht schlecht. Doch seit Sommer 2018 gibt es ein neues Programm, das ausgelernten Auszubildenden die Türen zur Welt noch weiter öffnet. „Azubi abroad“ heißt es und entwickelt haben es Auszubildende selbst. Dank „Azubi abroad“ kann der Beginn der Übernahmegarantie um bis zu ein Jahr nach Ausbildungsabschluss verschoben werden. Junge Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben jetzt die Chance, sich nach der Lehre sozial zu engagieren oder im Ausland Erfahrungen zu sammeln. Sogar um finanzielle Unterstützung kann man sich für diese Zeit bewerben. Dafür allerdings gelten Regeln: Die Auszubildenden sollten in einer sozialen, kulturellen oder ökologischen Einrichtung im Rems-Murr-Kreis oder in einem der europäischen Partnerkreise arbeiten. Die europäische Freundschaft soll gefördert werden. Doch auch wer ins außereuropäische Ausland geht und dort mindestens 50 Prozent arbeitet, kann Geld bekommen.

Arbeiten in Europa

So fit sein, dass nach der Ausbildung der ganze europäische Arbeitsmarkt offensteht? Dafür gibt’s das Erasmus-Austauschprogramm mit seinen Projekten. Seit September 2017 arbeiten Schülerinnen und Schüler der Eduard-Breuninger- Schule in Backnang mit jungen Leuten von Partnerschulen in Spanien, Italien und Polen zusammen. Zwei Jahre lang haben die Schüler die Möglichkeit, im virtuellen und im persönlichen Austausch mehr über die Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen in den beteiligten Ländern zu erfahren. Ziel ist es zum Beispiel, eine Bewerbungsmappe zu erstellen, die den europäischen Anforderungen entspricht. Oder die eigenen Englischkenntnisse anzuwenden. Und es soll in einem anderen Land ein einwöchiges Praktikum absolviert werden. Arbeitstreffen zu unterschiedlichen Schwerpunkten finden dabei in den beteiligten Ländern statt.

Mechatroniker in Finnland

„Electro Mobility on the Road“, kurz „EMOR“ – als „zukunftsweisend“ gilt dieses Projekt, das die Gewerbliche Schule Backnang seit dem Schuljahr 2017/2018 zusammen mit dem Oulu Vocational College in Finnland durchführt. Angehende Kfz-Mechatroniker hüben wie drüben diskutieren und erforschen die Mobilität der Zukunft: Es geht von Fahrzeugtechnik über das gesellschaftliche Leben bis hin zur Energieerzeugung und -speicherung. Die Schülerinnen und Schüler sollen ihr Englisch verbessern, internationale und globale Zusammenhänge verstehen und fit am Computer werden. Die Azubis besuchen sich gegenseitig. Aber das Projekt geht noch darüber hinaus. Gefragt wird: Ist E-Mobilität alltagstauglich? Es geht um die Analyse der Technologie, deren Funktionsweise und die damit verbundenen Chancen und Risiken.

Das Landleben läuft

Zugegeben, Murrhardt ist nicht im absoluten Nirgendwo. Murrhardt ist ein durchaus attraktives Städtchen, in dem es eigentlich alles gibt. Allerdings: Fiele eine Arztpraxis weg, ergäbe sich schon wieder ein ziemlicher Mangel. Ein junges Paar beschloss, die Landarzt-Rolle zukünftig zu leben. Doch die übernommene Arztpraxis erfüllte in keiner Weise die Notwendigkeiten der Moderne. Behindertengerecht? Datenschutzkonform? Gut erreichbar? Mitnichten. Doch woher sollte das Geld für all das kommen? Es ging um den Einbau einer barrierefreien Toilette, mehr Warteplätze im Wartezimmer, um die Verlegung des Eingangsbereichs, um einen barrierefreien Zugang zu gewährleisten, um einen modernen Laborraum, mehr Parkplätze und so weiter. Das Ärzte-Paar fragte bei Leader nach.

Das Kürzel „Leader“ kommt, auch wenn es englisch klingt, ursprünglich aus dem Französischen: „Liaison entre actions de developpement de l’economie rurale“. Heißt: „Verbindung zwischen Aktionen zur Entwicklung der ländlichen Wirtschaft“.

Eine Landarztpraxis gehört direkt zur ländlichen Wirtschaft. Das Projekt fiel unter die Kategorie „Wohnen und Leben“ und erfüllte den Wunsch nach „Sicherung der Nahversorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs und medizinischen Leistungen“. Das Projekt ging durch.

Genauso wie die Renovierung des kleinen Theaters in Spiegelberg. Das Kabirinett sorgt dafür, dass auch weitab von der Landeshauptstadt Kultur gelebt wird und erlebt werden kann. Doch wer in Spiegelberg ins Theater gehen wollte, musste gut zu Fuß sein. Und so standen im Leader-Antrag verschiedene Maßnahmen, damit alle Bevölkerungsgruppen eintreten konnten.

Und was gab es sonst noch so? Das Freizeit- und Schulungsheim Mettelberg kann mit Geld aus dem Leader-Topf energetisch saniert werden. In Murrhardt wurde das Geld für eine zentrale Diakoniestation bewilligt. Und die wunderbare Pilgerstaffel am Fuß der Walterichskirche beim Stadtgarten soll wieder aufgebaut werden.

Wer Geld aus dem Leader-Topf haben möchte, kann Privatperson sein. Die Frage ist stets: Inwieweit stärkt das Projekt die ländliche Region? Dass in der Meuschenmühle die Malstube erhalten wird, liegt nahe. Die alten Mühlen sind Touristenmagnete. Doch auch eine Flaschnerei in Welzheim profitiert: Eine alte Scheune wurde mit diversen Maßnahmen so umgebaut, dass sie dem Handwerksbetrieb als Lagerraum dienen kann. Denn: Ein landwirtschaftliches Gebäude wurde so sinnvoll umgenutzt, das Dorfbild konnte erhalten bleiben und durch die Verbesserungen der Arbeitsabläufe werden Arbeitsplätze gesichert. Das perfekte Projekt für die ländliche Wirtschaft.

Zurück ins Arbeitsleben

Auch wenn die Wirtschaft nach wie vor brummt und Fachkräfte händeringend gesucht werden: Manche Menschen haben kaum eine Chance, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen und sind daher ganz besonders von Armut und Ausgrenzung bedroht.Der europäische Sozialfonds ESF fördert zwei Projekte im Rems-Murr-Kreis mit augenblicklich 480 000 Euro im Jahr, die hier helfen. Das Projekt „Startklar“ der Diakonie Stetten wendet sich an langzeitarbeitslose psychisch Erkrankte. Die Teilnehmer lernen, ihren Alltag zu strukturieren, üben soziale Kontakte, erarbeiten eine realistische berufliche Perspektive, stellen Bewerbungsunterlagen zusammen und trainieren Bewerbungsgespräche. Wenn es nottut, wird auch noch begleitet, wenn die Arbeitstätigkeit längst aufgenommen ist. Mit im Boot und oft dringend benötigt ist die Suchtberatung des Kreisdiakonieverbands.Das Deutsche Erwachsenenbildungswerk DEB kümmert sich im Projekt „Dame“ um arbeitslose Frauen mit Migrationshintergrund und Fluchterfahrung. Mütter sind besonders angesprochen. Denn diese Zielgruppe habe es besonders schwer, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Die Frauen bekommen eine Sprachförderung, nicht vergessen wird dabei aber die familiäre Belastung und das tradierte Rollenbild der Frauen. Daher wird in Lerneinheiten auch das Selbstbewusstsein der Frauen gestärkt. Das Projekt „Dame“ war ursprünglich mit 15 Plätzen konzipiert. Die Nachfrage allerdings war so groß, dass auf 25 Plätze aufgestockt wurde.

Azubis durchdenken Politik

Er ist eine Weile her, der EU-Azubi-Gipfel im Waiblinger Landratsamt. Doch seine Thematik ist nach wie vor aktuell: Schon 2014 trafen sich über 50 Auszubildende der Landkreise Göppingen, Heidenheim, Ostalbkreis und Rems-Murr-Kreis und schlüpften in die Rollen von europäischen Akteuren in einem Planspiel zur Asyl- und Flüchtlingspolitik. Sie sollten entscheiden, wie die EU in diesem Politikfeld handeln soll, um Menschen auf der Flucht zu helfen, Asyl zu gewähren, und Lasten zwischen den Mitgliedstaaten in Zukunft gerecht aufzuteilen. Denn Menschenrechtsorganisationen kritisieren seit langem, dass nicht mehr der Schutz der Flüchtlinge, sondern der Schutz vor Flüchtlingen im Fokus der Asylgesetzgebung stehe.